Pferdesteuer

Autor/Quelle: Anne Holbach

Berichte der Kieler Nachrichten/ kn-online

Groß Rönnau verzichtet vorläufig auf Pferdesteuer

Die Gemeinde Groß Rönnau im Kreis Segeberg verzichtet einstweilen auf die Erhebung einer Pferdesteuer. Das ist das Ergebnis der Gemeindevertretersitzung am Dienstagabend.

Groß Rönnau. Bürgermeisterin Gesche Gilenski (CDU), die die Steuer angeregt hatte, soll nun zunächst mit den Reitern, Pferdeverbänden und Reitstallbesitzern ins Gespräch über andere Lösungen kommen, um der Verschmutzung öffentlicher Wege Herr zu werden.

Der Saal der Alten Schule war voll. 84 Reiter aus dem Ort und Pferdefreunde aus ganz Schleswig-Holstein waren gekommen, um ihren Protest gegen den Plan, als erste Gemeinde in Schleswig-Holstein die Pferdesteuer einzuführen, zu demonstrieren. „Wir haben auf Protestplakate und Lärm verzichtet“, sagte Birgit Petersen vom Aktionsbündnis Pro Pferd. „Wir sind an Lösungen interessiert und wollen keinen Ärger schüren.“ Aber man wolle Präsenz zeigen und vermitteln, dass eine Pferdesteuer in einem Pferdeland wie Schleswig-Holstein nichts zu suchen habe.

„Wir nehmen die Bedenken der Gemeinde sehr ernst“, sagte Dieter Medow, Vorsitzender des Pferdesportverbandes SH. Wenn es um die Verschmutzung der Wege gehe, wolle er an die Verantwortung der Reiter appellieren. Es müsse auch eine andere Lösung als eine Steuer geben. Er räumte ein: „Wir haben viel übereinander geredet, aber nicht miteinander.“

Bürgermeisterin Gilenski schob den Tagesordnungspunkt Pferdesteuer anfangs zunächst mal nach hinten. Sie fürchtete, dass „die Emotionen hochkochen“, und wollte erst mal gemeindliche Pflichtthemen abarbeiten.

Gilenski betonte, sie sehe es als ihre Aufgabe an, „dass ich auch unangenehme Sachen in Angriff nehme“. Sie wolle eine Einigung finden, die alle glücklich mache: Gemeinde und Reiter, Pferdemädchen, Pferdejungs und Anwohner.

Kritik kam aus den eigenen Reihen. Ein Gemeindevertreter erklärte, sie hätte nicht so vorpreschen und die Steuerpläne öffentlich machen sollen. Es wäre besser gewesen, sich zunächst mit den Reitstallbesitzern zusammenzusetzen. So wird es jetzt geschehen.


Proteststurm gegen Pferdesteuer

Der Vorschlag von Bürgermeisterin Gesche Gilenski, in Groß Rönnau als erste Gemeinde in Schleswig-Holstein eine Pferdesteuer einzuführen, stößt im Land auf massive Kritik – nicht nur von Reitern.

Auch der Pferdehof Tiedemann in Groß Rönnau und seine Reiter wären von der Pferdesteuer betroffen: Pia Affeldt (14, v.li.), Anja Tiedemann (43), Leonie Dubielzig (12), Maxi-Sophie Tiedemann (11) und Bea Sita Bruhn (21) hoffen, dass die Gemeinde die Abgabe nicht einführt. Quelle: Frank Peter

Kiel/Groß Rönnau. Rainer Kersten vom Bund der Steuerzahler Schleswig-Holstein sagt: Wir lehnen eine Pferdesteuer ab. Aus seiner Sicht ist es für eine Gemeinde nicht schlau, die Steuer einzuführen: Es gibt ja eine ganz einfache Art, sich zu entziehen, indem ich mit meinem Pferd einfach in den Reitstall im Nebenort umziehe, wo es keine Steuer gibt. So schade die Gemeinde nur den eigenen Reitställen, die wirtschaftliche Probleme bekämen. Das kann für manchen Betrieb der Todesstoß sein. Das kann nicht im Interesse einer Gemeinde sein. Zudem würde nach einem Abwandern der Reiter auch nicht viel mehr Steuergeld eingenommen. Es lohnt sich also nicht, sagte Kersten.

Volker Göttsche, Vorsitzender des Reiterbundes Segeberg-Neumünster, findet eine Pferdesteuer nicht gerechtfertigt schon gar nicht, wenn das Hauptargument der Gemeinde dafür Perdeäpfel im Ort seien. Dafür lässt sich sicher eine andere Lösung finden. Sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus Vereinssicht sei eine Pferdesteuer gefährlich, weil Reitsportler der Gemeinde dann womöglich den Rücken kehrten. Die Pensionsbetriebe verlieren dann eingestellte Pferde und haben erhebliche Nachteile, sagt Göttsche. Gerade der Reiterhof Tiedemann in Groß Rönnau macht sich sehr um die Jugendarbeit verdient. Die Politik täte gut daran, so etwas zu unterstützen, statt es zu besteuern.

Die Einschätzung, dass Pferdeleute automatisch viel Geld hätten, kritisiert Burkhard Rogge, der Vorsitzende des Reiterverbundes Kiel: Natürlich kostet ein Pferd viel Geld. Das knapsen sich viele Besitzer mit Müh und Not von ihrem monatlichen Salär ab. Wenn jetzt noch eine Steuer obendrauf kommt, können sich das viele nicht mehr leisten. Rogge hält die Idee, im Pferdeland Schleswig-Holstein so eine Steuer einzuführen, für eine Katastrophe. Sollten sich andere Gemeinden daran orientieren, dann wird der Pferdebestand im Land erheblich schwinden, sagt er. Das treffe dann auch die Züchter, die Tierärzte, die Hufschmiede und den Reitsporthandel.

Im Netz debattieren leser der Kieler Nachrichten heftig über die Sondersteuer für Pferdebesitzer vor allem im Vergleich zur Hundesteuer. Wenn man für seinen Pinscher bezahlen muss, dann für ein Pferd erst recht, schreibt Gerd Krey bei Facebook. Hunde werden schon ewig besteuert und für die wird gar nichts getan, findet auch Facebook-Nutzer Edgar Drohm. Er schlägt zudem eine Katzensteuer vor. Andere fordern dagegen, die Tierbesitzer müssten sich zusammentun und sich für eine Abschaffung der Hundesteuer einsetzen.

Würde die Pferdesteuer auch für die Reiter und Pferde aufgewendet (Reitwegenetz etc.), wäre es vielleicht akzeptabel. Aber nicht, wenn man als Reiter nichts davon hat, schreibt Christina Schröder. Wie sie argumentieren einige Leser, die Gemeinden würden mit den Mehreinnahmen ohnehin nicht dafür sorgen, dass die Pferdeäpfel von den Wegen verschwinden.


Jetzt wollen sie Pferde besteuern

Ein heißes Eisen fasst die Gemeindevertretung von Groß Rönnau im Kreis Segeberg am kommen Dienstag an. Auf der Tagesordnung steht die „Beratung und Beschlussfassung über die Erhebung einer Pferdesteuer“. Unter Pferdefreunden erhebt sich bereits Protest.

Unter Reitern erhebt sich bereits Protest gegen die geplante Pferdesteuer. Quelle: Frank Peter

Groß Rönnau. Bürgermeisterin Gesche Gilenski weiß um die Brisanz. „Als ein Bürgermeister in Nordfriesland so etwas plante, hat er Morddrohungen erhalten.“ Gilenski betont, dass die Gemeindevertretung erst mal nur darüber reden wolle – auch wenn der Tagesordnungspunkt „Beschlussfassung“ eindeutig ist. Sie hat auch die Besitzer zweier Pferdehöfe in dem 600-Einwohner-Dorf zur Sitzung eingeladen. In einem davon stehen auch die Pferde der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg. Im gesamten Dorf leben etwa 80 Pferde.

 Anlass für die Steuerpläne sind wiederholte Beschwerden von Bürgern, sagt Gilenski. Auf Bürgersteigen und Wanderwegen fänden sich immer wieder Pferdeäpfel. „Die Beschwerden nehmen zu“, berichtet die Bürgermeisterin. Sie räumt ein, dass der Kot nicht nur von Groß Rönnauer Pferden stamme. Auch Reiter und Kutschfahrer aus der Umgebung nutzten gerne die idyllischen Wege.

 Andere Bürgermeister schauten gespannt auf den Versuchsballon in Groß Rönnau, berichtet Gilenski. Sie hätten ihr Mut zugesprochen, sich selbst aber noch nicht getraut, eine Pferdesteuer einzuführen. „Die würden dann wohl nachziehen.“ Andernorts wehte Politikern stets ein heftiger Wind ins Gesicht, wenn sie eine Pferdesteuer planten, hat Gilenski bei der Internet-Recherche herausgefunden. Es sei schon schwer für sie gewesen, überhaupt einen Satzungsentwurf für eine mögliche Pferdesteuer zu organisieren. Sie habe gehört, an manchen Orten würden 200 Euro pro Jahr und Pferd genommen. So viel würde es in Groß Rönnau sicher nicht, sagt Gilenski. Für Hunde müssen Groß Rönnauer 15 Euro im Jahr bezahlen.

 Torsten Rüter aus Bad Segeberg ist empört, als er von dem Plan hört. Der Reiter hat sein Pferd Almaro im Pensionsstall Behnk in Groß Rönnau eingestellt. „Wofür sollten wir eine Steuer bezahlen?“ Außerdem sei es „komisch“, wenn auf ein Lebewesen eine Steuer erhoben werde. Pferdekot auf Wegen würden meist solche Reiter hinterlassen, die privat bei sich zu Hause ein Pferd halten würden, nicht die Reiter mit Pferden aus Einstellställen. „Diese schwarzen Schafe bekommt man aber nicht zu fassen.“ Rücksichtsvolle Reiter säßen ab und sammelten den Kot auf oder schubsten die Pferdeäpfel mit einem Stock vom Weg.

 Die Pferdestallbesitzer Gerd-Wilhelm und Beate Behnk geben zu bedenken, dass viele auswärtige Reiter die Wege in Groß Rönnau nutzten. „Wenn eine Pferdesteuer erhoben würde, dann müsste sie überall gelten“, sagt das Paar. Die Hundesteuer habe gezeigt, dass sie wirkungslos sei. Hunde hinterließen trotzdem ihren Kot auf privaten und öffentlichen Flächen. Außerdem reite in ihrem Pensionsstall die Hälfte der Pferdehalter gar nicht außerhalb des Geländes, sondern nutze die Halle und die Koppel auf Hof Behnk. Nicht zuletzt zahle der Betrieb doch schon allgemeine Steuern, die die Gemeinde ja nutze.

 Entsetzt ist der Pferdesportverband Schleswig-Holstein mit Sitz in Bad Segeberg. Aus drei Gründen, sagt Maritres Hötger von der Geschäftsstelle: Die Pferdefreunde seien sich ihrer Verantwortung bewusst, hielten die Wege sauber und sammelten etwa nach einem Ausritt an kritischen Stellen die Pferdeäpfel ein. Zudem sei Pferdesport, etwa bei Kindern und Jugendlichen, wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung. Deshalb sei Sport auch laut Verfassung förderungswürdig. „Es wäre paradox, das jetzt zu besteuern.“

 Auch Christian Stölting, Kreisvorsitzender des Gemeindetages Segeberg und Amtsleiter von Bad Bramstedt-Land, würde sich über eine Pferdesteuer – die erste in Schleswig-Holstein – wundern. Pferdesport werde durch den Bau von Reitwanderwegen gefördert und sei wichtig für Tourismus und als Freizeitbeschäftigung, vor allem für junge Menschen. Außerdem wäre der Aufwand groß, die Pferdesteuer zu erheben. Anders verhalte es sich mit der Hundesteuer. Die erhebe praktisch jede Kommune, sei mit einer Pferdesteuer aber nicht vergleichbar. Hundesteuer werde erhoben, um die Zahl der Hunde zu regulieren. Den Initiatoren einer Pferdesteuer gehe es aber darum, weniger Kot auf den Wegen zu haben. Das sei mit einer Steuer schwerlich zu bewirken.